Der Ausstellungspavillon Nietzschmann-Wommer als Modell

Sockel des Pavillons
Vom Foto zum Modell – [ v1 – Dekorative Kunst – Heft 5 – Seite 233; v3 – Paul Möbius – Jugendstil in Leipzig, Stefan W. Krieg, Bodo Pientka ]

Das Modell des Pavillons „Nietzschmann-Wommer“ im Maßstab 1:50 entstand 2017 u.a. mit Hilfe herkömmlicher Modellbautechnik. Fenster und Dachdekoration fertigte die Fa. TauerDruck im Siebdruckverfahren. Aber auch moderne 3D-Modelingsoftware wurde genutzt. Mittels 3D-Druck entstanden so viele Teile bei der Firma rapidobject.

Zum Nachbau des Pavillons standen nur wenige Fotos und eine Kohlezeichnung zur Verfügung. Bauakten oder Ähnliches konnten zum damaligen Zeitpunkt leider nicht ermittelt werden, so dass manche Details spekulativ realisiert wurden. Das sind insbesondere die Gestaltung der Rückseite, die Fliesenanordnung und die farbliche Gestaltung von Dach und Fassade.

Das fertige Modell
Das fertige Modell
Die Tänzerinnen einer zufällig gefundenen Jugendstilschale ähneln verblüffend der Darstellung auf dem Sockel
Die Tänzerinnen der Jugendstilschale ähneln verblüffend der Darstellung auf dem Sockel des Pavillons ( www.wise-unicorn.com )

Ein interessantes Detail: Der Sockel mit dem über allem ragenden Keiler wird von 3 jungen Frauen mit wehenden Kleidern umgarnt. Es steht die Frage im Raum: Wurde diese Darstellungsform der 3 Jungfrauen von einer Jugendstilschale inspiriert? Stand diese Schale vielleicht auf dem Schreibtisch von Paul Möbius? Durch einen Zufallsfund im Internet auf der Webseite der chinesischen Firma „Veronese“, die mit Repliken aus der Jugendstilepoche handelt, konnte eine verblüffend ähnliche Darstellung der 3 Jungfrauen gefunden werden.

Erst 2 Jahre nach Fertigstellung des Modells sollten wir zufällig im Nachlass eines Enkels von Otto Wommer eine Lithographie von Paul Möbius sowie einen Zeitungsausschnitt, in dem der Pavillon sehr detailliert im Grundriss und in der Frontalansicht dargestellt wird. Wie das Leben so spielt…

Der Pavillon von der Seite

Abweichend vom Modell (Forschungsstand 2017) – wurde der Pavillon von Paul Möbius anscheinend auf der Rückseite nur als Flachbau realisiert und auch die zwei hinteren Türmchen an den Seitenflügeln existierten anscheinend nicht, wodurch der Bau im Modell vielleicht sogar schöner als im Original realisiert wurde. Erst ein weiterer Fund – eine Werbung in der leicht frivolen Zeitschrift „Wiener Caricaturen“ in Ausgabe 39 und 40 – gibt Aufschluss, dass tatsächlich auch hinten zumindest ein Türmchen angebracht war. Auch der Flachbau ist erkennbar.

Eine weitere wichtige Erkenntnis ergibt sich aus der „1. Beilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger, Nr 210“ vom Montag, den 26. April 1897, auf die wir mit Hilfe der neuen Volltextsuche für digitale Sammlungen im SLUB Dresden gestoßen sind: „Unweit des Meßviertels steht die hundert Meter lange Gartenbauhalle; ihren Mittelbau krönt ein Glockenthürmchen mit Sonnenuhren, daneben die mächtige Kunsthalle mit ihren weißschimmernden Gipskuppeln, die an die Wölbungen von Moscheen gemahnen, weiterhin Nietzschmann-Wommer’s Riesen-Pavillon mit dem laubgeschmückten Schwein auf der Giebelkrönung, ein seltsamer Bau, originell durch und durch, selbst in den zu Fleischergesellen verwandelten Hermen und dem blutrothen Dach.“ … Dies bedeutet, dass unsere Annahme eines Sachsen-grünen oder patina-grünen Daches ebenfalls im Modell zu überholen war. Zum 125sten Jubiläum der STIGA wurde das Modell mit neu „gedecktem“ Dach in der HTWK im Frühjahr präsentiert.

Im Herbst 2022 folgt eine weitere Präsentation des Pavillon Modells „STIGA leuchtet“ im Kunstkraftwerk. In einer IMMERSIVE 360° Show wird multimedial die STIGA auf völlig neue Art und Weise wieder erlebbar. Unter der künstlerischen Leitung von Stefano Fake und seinem Team aus Florenz und der kuratorischen Leitung von Anne Dietrich ist eine 15-minütige Show in Zusammenarbeit mit der HTWK Leipzig, des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig, des Sächsischen Wirtschaftsarchivs und Enrico Ruge entstanden. Musikalisch untermalt werden die Bilder durch verschiedene Arrangements dreier bei der STIGA preisgekrönter Märsche.

Haben Sie weitere Bilder, Hinweise und Informationen zum Pavillon Nietzschmann-Wommer, die hier nicht aufgeführt sind? Dann melden Sie sich bitte bei uns!

Pavillon Nietzschmann-Wommer Weihnachtskarte im Stil 1900
Pavillon Nietzschmann-Wommer Weihnachtskarte im Stil 1900 – Mattepainting (c) Jens Wommer
Artikel in der LVZ zum Pavillon
Artikel in der LVZ zum Pavillon

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2 Kommentare

  1. Kubiak 6. Januar 2022

    Ich bin verblüfft, was soll ich sagen? Großartig!!! Gustav Nietzschmann ist mein Urgroßvater, einer seiner Söhne Johannes Nietzschmann mein Großvater mütterlicherseits. Er hatte in Halle eine Fleischerei, und ich interessiere mich sehr für unsere Familiengeschichte. Ich werde mich bald bei Ihnen melden.

    • Jens 9. Januar 2022 — Autor der Seiten

      Hallo Peter,
      ich freue mich, dass ich doch noch das Vergnügen habe mich mit einem Urenkel Nietzschmanns auszutauschen und bin schon ganz auf deine Email gespannt. Mein Ur-Ur-Großvater Wilhem Sen. muss Gustav gut gekannt haben. Seine ersten beiden Söhne gaben wenige Jahre nach dem Tod meines Ur-Ur-Großvaters dann den Pavillon in Auftrag – für mich wäre es natürlich spannend zu wissen, ob noch weitere Aufzeichnungen, Devotionalien oder sogar Fotos von damals existieren. Aber auch was mit dem Keiler nach dem Abbruch passierte. 🙂 Vielleicht steht er ja noch in einem Vorgarten von deinen Cousins?
      Beste Grüße
      Jens Wommer

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