Der Schmied Wilhelm Wommer – geb. 1840 im Saarland – legte 1869 den Grundstein für die spätere SAXONIA – Fleischereimaschinenfabrik der Gebrüder Wommer, als er in der Nähe des damaligen Leipziger Schlachthofes (Ranstädter Steinweg) mit fünf Arbeitern eine kleine Werkstatt in der damaligen Kleinen Gasse 3 eröffnete.

Schon im Jahre 1870 brachte Wilhelm Wommer Sen. erstmalig eine garantiert luftdicht arbeitende Füllmaschine mit eisernem Zylinder und Kolben ohne jedes Dichtungsmaterial, wie Leder- oder Gummiringe usw., einfach durch exakte Passarbeit von Eisen auf Eisen in den Handel. 1882 zog die Firma in die Gerberstraße 57 (Die Adressen um 1883 und 1884 waren vor der Umnummierung noch Gerberstr. 38 sowie Berliner Str. 119.).

1888 wurde der neue Schlachthof in der Leipziger Südvorstadt fertiggestellt. 1889 zog daraufhin die Firma Wilh. Wommer in dessen unmittelbare Nähe in die Kantstraße. Viele andere Firmen der Fleischwirtschaftsbranche siedelten sich ebenfalls in dieses noch wenig bebaute Gebiet an. Seine Söhne Wilhelm, Otto (1895-1897), Richard (ab 1897-1900) und Karl (ab 1897) führten gemeinsam das Unternehmen weiter.

Kurz vor 1898 wurde das Unternehmen unter dem Namen „Gebrüder Wommer“ geführt. Infolge der ständig wachsenden Ausdehnung des Geschäftes ist 1900 in Leipzig-Kleinzschocher, Gießerstr.47 mit Gleisanschluss und ca. 4000 qm Fläche der neue Firmensitz etabliert worden (Adresse um 1900 war noch Gießerstr.33). Die Erzeugnisse wie Kutter, Fleischwölfe, Wurstfüllmaschinen in unterschiedlichen Baugrößen und Varianten mit der eingetragenen Schutzmarke “SAXONIA” wurden nicht nur im Inland hoch geschätzt, sondern weit über Deutschlands Grenzen hinaus in alle Welt verkauft. 1905 folgte der Bau eines Verwaltungsgebäudes.

Der kleinere Standort am Schlachthof an der Ecke Kantstraße/ Altenburger Straße ist z.T. bis kurz nach der Wende verblieben – lediglich die Straßenseite wurde in den 60er Jahren gewechselt. Die Schließung des Schlachthofes 1991 war einer der Gründe für die Aufgabe des Betriebs, da dort natürlich die Alltagsgeschäfte bezüglich des Bedarfes z.B. an Fleischereiwerkzeugen optimal war.

Nach dem Tod von Wilhelm Wommer jnr. übernahm im Frühling 1911 nach einer turbulenten Übergangsphase mit den wechselnden Inhabern Karl Wommer, Bertha Wommer sowie Georg Wommer (Leitung) der zweitjüngste Sohn Max das Unternehmen. Er hatte als Marokko-Deutscher in den Jahren 1903-1908 praktische Erfahrungen unter anderem als Prokurist sammeln können. Sein Bruder Karl, der aus der Firma ausscheiden musste, gründete 1912 ein Unternehmen (Wommer & Weller) für Elektomotoren, welches im Gebäudekomplex des heutigen Museums für Druckkunst in der Nonnenstraße 38 untergebracht war. 1915 wurde durch Karl das Wommer-Werk gegründet. Maschinen für Wurstfabrikation u.a. sind unter der Schutzmarke Lipsia gefertigt worden. Ab 1922 erscheint „Lipsia“ im Firmennamen des Wommer-Werks, wohl auch zur eindeutigen Unterscheidung von Gebr. Wommer in der Gießerstraße 47.

1920 waren zirka 200 Mitarbeiter im Unternehmen Gebrüder Wommer beschäftigt. 1923 wurde der Erweiterungsbau der Fabrikhalle fertiggestellt. In den Jahren von 1920 bis 1922 gelang es Wolfgang Ostwald, Vertreter der Leipziger Industrie für die angewandte Kolloidchemie zu interessieren. Für den Aufbau einer Kolloidabteilung an der Universität in Leipzig gewann er auch Max Wommer. 1926 erschien sein Buch „Die elektrolytische Verchromung System Wommer“- und betrieb die Firma Chromindustrie Max Wommer.

Firmenansicht Gießerstr. 47 mit um 1905 errichteten Profanbau
Firmenansicht Gießerstr. 47 mit um 1905 errichteten Profanbau

1928 wurde die Gebrüder Wommer Aktiengesellschaft gegründet. In den 30er Jahren erwarb der technische Leiter Paul Wilhelmi mit seiner Ehefrau das gesamte Aktienpaket und verwandelte die Aktiengesellschaft in eine offene Handelsgesellschaft. Max Wommer hatte sich aus der Firma zurückgezogen. Die neuen Inhaber firmierten aber weiterhin mit dem in Fachkreisen bekannten werbewirksamen Namen Wommer.

Während des 2. Weltkrieges wurde hauptsächlich das bisherige Produktionsprogramm von Fleischereimaschinen aufrechterhalten. Zusätzlich wurden Lohnarbeiten an Kriegsgeräteteilen als Unterlieferer für große Rüstungswerke ausgeführt. In (4) werden Ostarbeiter, Ukrainer und Griechen erwähnt, die im Lager „Mangold“ in der Diezmannstr. 68 untergebracht waren. Andere Unterlagen sagen aber auch aus, dass sich die Wilhelmis jahrelang (1940-1943) der sog. „Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft“ verweigerten und dadurch auch mit dem System in Konflikt gerieten. Das Firmengelände überstand den Krieg nahezu unbeschadet.

Nach Kriegsende kam das Unternehmen Ende August 1945 durch den SMA-Befehl 124 unter Sequester. Die Eheleute Wilhelmi wurden nach diversen juristischen Auseinandersetzungen aus dem Betrieb „entfernt“. Nach dem Volksentscheid in Sachsen am 30.6.1946 erfolgte am 1.7.1946 die entschädigungslose Enteignung der bisherigen Inhaber.

Am 1.7.1948 erfolgte die Zuordnung der VEB Fleischereimaschinenfabrik Saxonia Leipzig zur VVB NAGEMA. Die Aufgabe des Produktionsstandortes für Fleischereimaschinen und Anschluss an die VEB Druckmaschinenwerke Leipzig als Betriebsteil VI fand 1965 statt.

Nach der Wiedervereinigung 1990 wurde dieser im Zusammenhang mit der Neustrukturierung und Konzentration des Druckmaschinenwerkes Leipzig in der Riesaer Str. als zirkon Druckmaschinen GmbH aufgegeben.
Nutzung 1994 bis ca. 2015: Autohof Kosmalla mit KFZ-Werkstatt.
Aktuelle Nutzung (2017): Rollershop LE (Verkauf, Service und Reparatur von Motorrollern).

Das als Baudenkmal geschützte Wohn- und Verwaltungsgebäude war lange ungenutzt und entwickelte sich zur Ruine. Schlagzeilen machte es 2014 durch verdeckte polizeiliche Überwachungsmaßnahmen.

Im Oktober 2022 wurden die Werkhallen der ehemaligen Fabrik in der Gießerstraße 47 nach 120 Jahren abgerissen. Sie mussten einem geplanten Neubau mit 31 “Traumwohnungen” weichen, die nur zum Verkauf stehen. “In einer hippen, sehr begehrten Lage werden Eigennutzer sowie Kapitalanleger fündig” wird auf der Immobilien Webseite geschrieben. Auch das denkmalgeschützten Wirtschaftsgebäude wird mit einem Neubau (links vom Gebäude) direkt verbunden sein, sodass sich ein gemeinsames Treppenhaus mit Aufzug ergibt.